Das anabole Fenster ist ein häufig diskutiertes Thema. War es in den 90er Jahren unbestritten, dass so etwas wie ein anaboles Fenster existiert, so häufen sich in den letzten Jahren immer wieder Stimmen die eine Existenz des anabolen Fensters absprechen.

Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, haben wir diesen Artikel verfasst. Wichtig ist, dass das anabole Fenster nicht zu isoliert betrachtet wird und es nur um die reine Proteinzufuhr und Muskelproteinsynthese geht.

Das anabole Fenster

Zu allererst müssen wir genau wissen um was es sich bei dem Ausdruck “anaboles Fenster“ überhaupt handelt.
Man bezeichnet damit die gezielte Nährstoffzufuhr nach dem Training (Post-Workout) um gewisse Prozesse in Gang zu bringen.
Meistens spricht man im Zusammenhang mit dem anabolen Fenster von der gezielten Proteinzufuhr nach dem Training. Dies mit dem Ziel die Muskelproteinsynthese zu erhöhen.
Nun zeigen einige Studien, dass es keine entscheidende Rolle spielt inwiefern bzw. wann genau Protein nach dem Training zugeführt wird in Bezug auf die MPS.
Es scheint tatsächlich zu sein, dass hier das Timing keine entscheidende Rolle darstellt. Allerdings ist diese Betrachtungsweise zu eingeschränkt.

Beim anabolen Fenster muss es um mehr gehen als nur die Betrachtung der Muskelproteinsynthese.

Wenn man nun davon spricht, das anabole Fenster habe keine Bedeutung, so muss hier differenziert werden aus welcher Sichtweise man dies äussert.
Aus Sicht der Maximierung des Muskelaufbaus oder Fettverbrennung, losgelöst von der isolierten Betrachtungsweise, so gibt es klare Hinweise darauf, dass die richtige und getimte Nahrungszufuhr nach dem Training entscheidend ist.

mTOR-Aktivierung

Im Körper gibt es diverse Stoffwechselvorgänge, die Muskelwachstum induzieren. Einer dieser Vorgänge ist die Aktivierung des mTOR-Enzympfades.

Eine verstärkte Expression von mTOR führt zu erhöhtem Muskelwachstum. Eine Studie aus dem Jahr 2006 zeigt eine Erhöhung der mTOR nach Konsum von BCAA. Dieser Effekt ist mit grösster Wahrscheinlichkeit auf die Aminosäure Leucin, die in den BCAA enthalten ist zurückzuführen (Branched-chain amino acids activate key enzymes in protein synthesis after physical exercise. Blomstrand E1, Eliasson J, Karlsson HK, Köhnke R. J Nutr. 2006 Jan).
So führt auch die alleinige Gabe von Leucin zu einer Erhöhung der mTOR-Aktivierung. Somit ist aus der Sicht der Aktivierung von mTOR alleine bereits eine Supplementierung eines Leucin- oder BCAA-reichen Supplements empfehlenswert.

Hier eignen sich am besten EAA oder Whey Isolat/Hydrolysat.

Die Insulinsensibilität

Wir wissen, dass sportliche Betätigung und insbesondere Krafttraining zu einer gesteigerten Insulinsensibilität führt und somit die Aufnahmefähigkeit der Muskelglykogenspeicher für Glucose drastisch erhöht.
Dieser Effekt ist am höchsten ab 20 Minuten nach dem Training und bleibt für mehrere Stunden erhöht. Rein aus der Betrachtungsweise des Zeitpunktes der Aufnahme direkt nach dem Training oder einige Stunden später spielt es keine besondere Rolle.

Da eine schnellere Wiederbefüllung der Glykogenspeicher ab eine schnellere Regeneration mit sich führt, ist es sinnvoll direkt im Anschluss an das Training eine gut resorbierbare Kohlenhydratmahlzeit zu sich zu nehmen um kein Potential zu verschenken.

Auch wenn die Insulinsensibilität 24h oder noch länger erhöht sein mag, gemäss einigen Untersuchungen, so ist sie nie mehr so hoch wie in den unmittelbaren Stunden nach dem Training.

Gerade die zirkadiane Rhythmik der Hormone hat hier einen Einfluss und kann durch die natürliche Erhöhung von Cortisol und der nächtlichen Ausschüttung von Wachstumshormon dafür sorgen, dass die Sensibilität sinkt.
Im Zusammenhang mit der insulinsensibilisierenden Wirkung von Krafttraining sei auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein hochvolumiges Training eine höhere Insulinsensibilität bewirkt (Effects of intensity and volume on insulin sensitivity during acute bouts of resistance training. Black LE, Swan PD, Alvar BA. J Strength Cond Res. 2010).

Dieser Tatsache ist absolute entscheidend und wesentlich im Hinblick auf die Gestaltung des Trainingspans ist.

Cortisol

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Berücksichtigung von Cortisol. So steigt dieser nach dem Training an und sollte möglichst schnell wieder auf ein Ausgangsniveau gebracht werden.
Whey Isolat, wiederum als leucin-reiches Supplement tut hier seinen Dienst wunschgemäss (The effects of soy and whey protein supplementation on acute hormonal reponses to resistance exercise in men. Kraemer WJ. J Am Coll Nutr. 2013).

Fazit

Wir sehen also, dass wir von der isolierten Betrachtungsweise des anabolen Fensters wegkommen müssen und es nicht um die Muskelproteinsynthese alleine geht, die in der Tagessumme nicht durch eine Steuerung der Post-Workout Nährstoffe beeinflusst warden kann, sondern um weitere Aspekte.

So sind die Faktoren mTOR, Insulinesensibilität und Cortisol entscheidend für maximalen Muskelzuwachs und gerade aus diesem Grund sollten wir sowohl schnell verwertbare Proteine mit einem hohen Leucingehalt und auch hochglykämische Kohlenhydrate nach dem Training zuführen.

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