Wissen über den Körper anzuhäufen ist wichtig, um die körperliche Entwicklung zu steuern. Das ist einleuchtend, denn nur auf körperliche Vorgänge, die bekannt sind, kann auch gezielt Einfluss genommen werden. Dabei gehören die Stoffwechselabläufe rund um das Hormon Insulin zu den klassischen Aspekten, an denen unsere Versuche der gezielten Steuerung festgemacht werden.

Es ist wichtig zu wissen, dass nicht nur die Aufnahme von Kohlenhydraten, sondern auch Fette und vor allem Proteine den Körper zu einer Insulinausschüttung veranlassen. Dies überrascht nicht nur prinzipiell, sondern auch im Ausmass. Denn bei gleicher aufgenommener Nahrungsmenge führt beispielsweise der Verzehr von Molkeproteinisolat oder Rindfleisch trotz nur in geringster Menge enthaltenen Kohlenhydraten zu stärkeren Insulinanstiegen als der Verzehr vieler kohlenhydratreicher Nahrungsmittel.

Der Insulin-Index

Einige Ernährungskonzepte verwenden dazu den Insulin-Index als Basis.

Doch wie ist der Insulinindex einzuordnen? Ist Insulin eine kritische oder doch nur untergeordnete Grösse, wenn wir über das Erreichen unserer sportlichen Ziele sprechen?

Oder anders ausgedrückt:

Müssen wir Angst vor Insulin haben, wenn wir Fett abbauen wollen und müssen wir Insulin maximieren, um Muskeln aufzubauen?

Zum Glück liefern aktuelle Studien antworten auf diese Fragen.

Zunächst kann der Körper auch OHNE Insulin Fett einlagern. (Effects of an oral and intravenous fat load on adipose tissue and forearm lipid metabolism, Kevin Evans , Mo L. Clark , Keith N. Frayn: American Journal of Physiology – Endocrinology and Metabolism Published 1 February 1999 Vol. 276no. E241-E248).

Dabei ist erstaunlich, dass diese Studie bereits aus dem Jahr 1999 stammt und noch immer nicht von allen in ihr Wissensrepertoire aufgenommen wurde. Diese Studie sagt nichts anderes aus als:

Insulin ist nicht kritisch für die Einlagerung von Körperfett, der Körper kann sogar auf Insulin verzichten, um seine Fettpölsterchen immer mehr anschwellen zu lassen.

Entscheidend ist allein die Höhe der Energiezufuhr im Verhältnis zum körperlichen Energieverbrauch. Dabei gilt: Der Körper schafft es auch ohne Insulin ein Überangebot an aufgenommener Energie in die Fettspeicher zu überführen.

Natürlich können wir durch geschicktes Timing der Makronährstoffe den Stoffwechsel gezielt anregen und dadurch dieses Risiko vermindern. Am Ende bleibt aber auch hier die umumstössliche Tatsache, dass ein Überangebot nicht verwertet sondern in die Fettspeicheer überführt wird.

Macht es daher Sinn, ein Ernährungsprogramm zu erfinden, das vorrangig um die Minimierung des körperlichen Insulinausstosses kreist? Mit Sicherheit nicht!

Der Insulin-Index ist eine von vielen Kenngrössen, die mit höchster Vorsicht zu geniessen sind. Der Körper ist zu komplex, als dass man das Zusammenspiel unzähliger Substanzen ausser Acht lassen und sein Funktionieren an einzelnen Faktoren festmachen dürfte. Wer das tut, übertreibt es mit seinem Hang zur Vereinfachung und droht schlicht falsch zu liegen.

Insulin ist kein kritischer Faktor des Fettstoffwechsels. Aber wie verhält es sich mit der Bedeutung Insulins als das angeblich am stärksten wirkende anabole Hormon für den Muskelaufbau?

Auch hier gilt grösste Vorsicht und wieder muss festgestellt werden, dass Insulin eine von vielen Substanzen ist, die in ihrer Gesamtheit Muskelaufbau ermöglichen.

Muskelaufbau kann sich ergeben, wenn die Summe aller Aufbauprozesse die Summe aller Abbaurozesse übersteigt.

Wir sprechen also davon, in welchem Ausmass Proteinaufbau und Proteinabbau nebeneinander bestehen oder anders ausgedrückt eine anabole Stoffwechsellage erzeugen können wie im Titel angedeutet.

Zum Glück haben Wissenschaftler bereits ganze Arbeit geleistet. Insulin ist nicht in dem Sinne kritisch für den Muskelaufbau, dass man den Muskelzellen nur genug davon anbieten müsste und schön würden sie wachsen. Richtig ist aber, dass es ganz ohne Insulin nicht geht. Und richtig ist auch, dass hohe Dosen Insulin den MUSKELABBAU hemmen und dadurch sogar stark zum Resultat des Muskelabbaus beitragen. (Insulin and muscle protein turnover in humans: stimulatory, permissive,
inhibitory, or all of the above, Stuart M. Phillips, Exercise Metabolism Research Group, Department of Kinesiology, McMaster University, West Hamilton, Ontario, Canada).

Aminosäure Leucin

Die neueren Studien über die herausragende Bedeutung der Aminosäure Leucin für den Proteinanabolismus sollte jeder kennen, der sich mit dem Thema Muskelaufbau intensiv beschäftigt. Es ergibt sich, dass Leucin von grösster Bedeutung, wenn nicht ein zwingender Faktor für den Muskelaufbau ist.

So ist die allen anderen Proteinen überlegene anabole Wirkung des Molkeproteinisolats auf genau diese Aminosäure Leucin zurückzuführen, wie eine in jüngst in 2014 veröffentlichte Doppeblind-Studie zeigt (Leucine supplementation of a low-protein mixed macronutrient beverage enhances myofibrillar protein synthesis in young men: a double-blind, randomized trial, Tyler A Churchward-Venne, Leigh Breen, Danielle M Di Donato, Amy J Hector, Cameron J Mitchell, Daniel R Moore, Trent Stellingwerff, Denis Breuille, Elizabeth A Offord, Steven K Baker, Stuart M Phillips: The American journal of clinical nutrition, 2014).

Die Vorteile und Wirkungsweise von Molkeproteinisolat (Whey Isolat) findet ihr auch zusammengefasst in diesem Artikel:

Warum Whey das beste Protein für Muskelaufbau und Diät ist

Wer nun ein Protein entwickelt, das einen besonders niedrigen Insulinindex hat, der muss logischerweise ein besonders Leucin-armes Protein auf den Markt bringen. Denn Leucin bewirkt die stärkste körperliche Insulinreaktion aller Aminosäuren. Macht ein solches Protein für muskulöse Kraftsportler und Bodybuilder wirklich Sinn: Nein!

Es ist einfach ein minderwertigeres Protein mit einer schlechten Aminosäurenbilanz und folglich einer schlechten biologischen Wertigkeit.

Übrigens, wenn wir über Insulin, Leucin und Muskelaufbau sprechen, dann müssen wir ganz präzise bleiben. Die Tatsache, dass keine Aminosäure eine stärkere Insulinreaktion als Leucin verursacht, heisst eben nicht, dass Insulin für den Muskelaufbau entscheidend wäre. Es ist vielmehr eine Begleiterscheinung. Lässt man das Leucin ganz weg und ersetzt es durch sogar grosse Mengen Kohlenhydrate, die zu noch höheren Insulinausstössen führen, bleibt der Muskelaufbau leider aus.

Und dennoch ist Insulin wichtig für den Muskelaufbau.

Folgende Studie erläutert, dass gerade nach dem Training, wenn die Proteinsynthese am wirksamsten angefeuert werden kann, Insulin sehr hilfreich ist. Ganz gleich, ob es durch Aminosäuren oder durch Kohlenhydrate, bei hohem oder geringem Insulinindex, vom Körper ausgeschüttet wird: Insulin erhöht die Durchblutung und sorgt so dafür, dass beispielsweise zugeführtes Leucin zu den Muskelzellen gelangt. Denn bei stärkerer Durchblutung, wird das Gewebe, also die Muskelzellen vom Blut besser „durchflutet“, so dass die Zellen mehr Leucin und andere Nährstoffe aus dem Blut aufnehmen können (Fujita S, Rasmussen BB, Cadenas JG, Grady JJ, Volpi E, 2006: Effect of insulin on human skeletal muscle protein synthesis is modulated by insulin-induced changes in muscle blood flow and amino acid availability. Am J Physiol Endocrinol Metab 291:E745–E754).

Es geht aber nicht nur darum unmittelbar nach dem Training mit Hilfe von Insulin die Nährstoffe in die Muskelzelle zu bringen, sondern die Muskelproteinsynthese dauerhaft aufrecht zu erhalten. Dies tun wir am besten mit Whey Isolat, da hier der Leucin-Anteil am höchsten ist.

Fazit

Studien zeigen, dass es keinen Sinn macht den Insulinspiegel durch Lebensmittel niedrig zu halten. Insulin wird sowohl durch Kohlenhydrate, Protein und auch Fett ausgeschüttet.

Insulin ist nicht kritisch zu sehen für die Fettverbrennung, sprich seine Präsenz vermindert die Erfolge auf dem Weg zu definierten Körper keineswegs. Für den Muskelaufbau hingegen ist Insulin von wichtiger Bedeutung und seine Modulation durch Lebensmittel erwünscht.

Gerade die Präsenz von Leucin in der Ernährung ist von zentraler Bedeutung. Wir sollten deshalb darauf achten hochwertige und leucin-reiche Nahrungsmittel zu konsumieren. Vollständige tierische Proteine und vor allem Whey Isolat liegen hier ganz oben auf dem Wunschzettel.

Proteine mit schlechter Aminosäurenbilanz sollten vermieden werden oder in einer Kombination mit leucin-reicher Proteine eingenommen werden.

So weist Eiklar oder Proteinkonzentrate aus Eiklar einen Leucin-Gehalt auf welcher bei ca. 9 Gramm auf 100g Protein liegt. Im Falle von Whey Isolat liegt dieser Wert über 18g. Ein riesiger Unterschied!

Welche Schlussfolgerung können wir mit Blick auf den Insulinindex ziehen? Der Insulinindex ist kein kritischer Faktor für jene Sportler die an Muskelaufbau oder an Fettreduktion interessiert sind. Es ist nicht zu erkennen, warum er eine tragende Rolle für die Praxis spielen sollte.

Beim glykämischen Index oder dem Index der glykämischen Last sieht es bereits etwas anders aus, da diese auch Auskunft über den Gehalt der Kohlenhydrate geben.

Wir müssen dafür sorgen, dass die anabolen Prozesse in unserem Körper gegenüber den katabolen Prozesse überwiegen!

Erfüllen wir diese Voraussetzung werden wir maximal Muskelmasse aufbauen und maximale Fett verbrennen können.

Leucin-reiche Kost ist ein wichtiger Schritt dazu!

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